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Islamkonferenz in Frankfurt

"Islamismuskritik ist in Deutschland nicht gerne gesehen"

Gespräch mit muslimischen Vertretern

Von links: Hamed Abdel-Samad, Susanne Schröter, Mouhanad Khorchide

Nach der umstrittenen Kopftuch-Konferenz an der Frankfurter Goethe-Universität gab es nun eine weitere Veranstaltung – diesmal zur Islamismuskritik. Die ist nach Auffassung der Experten in Deutschland nicht gerne gesehen.

Der Politikwissenschaftler und Publizist Hamed Abdel-Samad hat der deutschen Politik, Wirtschaft sowie einigen Universitäten und Journalisten vorgeworfen, Kritik am Islam zu verhindern. Während in der arabischen Welt Islamkritik inzwischen gewollt sei, werde sie in Deutschland kriminalisiert, sagte Abdel-Samad am Freitag auf einer Tagung zum säkularen Islam und Islamismuskritik an der Frankfurter Goethe-Universität. Wenn an Schulen und Universitäten keine Religionskritik stattfinde, gewinne die AfD das Thema für sich, warnte der Autor.
Den Wunsch nach Kritik und Aufklärung in arabischen Ländern wie Ägypten, Marokko und Iran habe der IS maßgeblich geprägt, sagte Abdel-Samad: „Wer sagt, der Terror hat nichts mit dem Islam zu tun, wird in der arabischen Welt belächelt.“

Politik lasse keine Diskussion über Islamismus zu

Die deutsche Politik dagegen lasse keine Diskussionen über Islamismus zu, da sie verbündete Länder wie etwa die Türkei nicht verärgern wolle, kritisiert der Politologe. Auch die Wirtschaft habe kein Interesse an Islamkritik. Unternehmen wollten ihre Geschäftsbeziehungen zu arabischen Ländern nicht aufs Spiel setzen. Auch viele Journalisten seien eher links sozialisiert. Während etwa Kritik an den USA „cool“ zu sein scheint, sei Kritik am Islam selten. In Deutschland gelte jeder als „Islamhasser“, der den Islam kritisiere, erklärte der Deutsch-Ägypter. Begriffe wie „Islamophobie“ seien eine Strategie muslimischer Verbände wie Ditib.

Jugendliche müssen lernen, mit Religion reflektiert umzugehen

Der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Mouhanad Khorchide, wünscht sich mehr Selbstkritik der Muslime. Der islamische Theologe forderte mehr Räume für Dialog und Streit. Auch Muslime selbst sollten Islamkritiker einladen, sagte Khorchide. Der Pädagoge sprach sich auch für einen bekenntnisgebundenen Islam-Unterricht aus. Nur so könnten Kinder und Jugendliche einen reflektierten Umgang mit der Religion lernen, sagte der österreichische Soziologe. Viele Muslime reagierten auf Kritik schnell beleidigt und fühlten sich in einer „Opferrolle“, sagte der Professor weiter: Das bringe uns nicht weiter.

Pädagogen haben keine klare Handreichung

Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI), glaubt, dass sich viele Deutschen aufgrund ihrer Vergangenheit schuldig gegenüber Muslimen und anderen Minderheiten fühlten. Gerade in Ballungsbieten wie dem Rhein-Main-Gebiet thematisierten viele Lehrer inzwischen aus Angst Themen wie den Nahost-Konflikt nicht mehr. Den Pädagogen fehle eine klare Handreichung von Seiten der Kultusministerien, bemängelte die Ethnologin. Es müsse klar festgelegt sein, dass zum Beispiel bei muslimischen Mädchen eine dauerhafte Freistellung vom Sportunterricht nicht in Frage komme.

An fast allen Universitäten sei Islamismuskritik kein Thema, bemängelte Schröter zudem. Viele Lehrkräfte hätten Angst, als Rassisten zu gelten. „Das muss man aushalten können“, forderte die Islam-Expertin. Nach der umstrittenen Konferenz zum muslimischen Kopftuch Anfang Mai hatte erneut die FFGI-Direktorin zu der Veranstaltung eingeladen.

Erneute Kritik an Frankfurter Professorin

Wieder hatte es im Vorfeld Kritik an der Frankfurter Professorin gegeben, weil sie den Islamkritiker Hamed Abdel-Samad eingeladen hat. Auch vor Beginn der Kopftuch-Konferenz hatten einige Studierende der FFGI-Leiterin „antimuslimischen Rassismus“ vorgeworfen. Islamkritiker in Deutschland lebten gefährlich, sagte Schröter. Vier von zehn Mitgliedern der Initiative Säkularer Islam brauchten Personenschutz. Kritiker Abdel-Samad etwa war zur Konferenz mit sechs Sicherheitsmännern gekommen. Es gebe derzeit in Deutschland so viele Salafisten wie nie, warnte die Ethnologin zudem. Eine neue Gefahr sieht die Professorin in der islamischen „Identitären Bewegung“.

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