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Kurt Bendler hat in seinem fast 40-jährigen Pfarrdienst so manches angestoßen

„Als Pfarrer darf man nicht hasenherzig sein“

„Überall, wo ich war, habe ich Kunst hinterlassen“, erzählt Pfarrer Kurt Bendler. In seiner letzten Gemeinde Armsheim, gelang es ihm in den 30 Jahren seines Wirkens besonders gut, die Verknüpfung von Bildender Kunst, Musik, Kultur und Kirche. Am 26. Januar wurde Pfarrer Bendler in der Evangelischen Pfarrkirche in Armsheim von Propst Dr. Klaus-Volker Schütz verabschiedet.

Er geht und hinterlässt, wie man so schön sagt, ein wohlbestelltes Haus: das frisch renovierte Pfarrhaus steht für seinen Nachfolger bzw. seine Nachfolgerin bereit, die Finanzierung der im kommenden Jahr anstehenden Orgelrenovierung ist gesichert und der Neubau der Kita, in der mit Armsheim pastoral verbundenen Kirchengemeinde Bornheim, ist fertig. Pfarrer Kurt Bendler kann am 1. Februar 2020 beruhigt in den Ruhestand gehen.

Noch spürt man die enge Verbundenheit mit „seiner“ Kirchengemeinde, dem rheinhessischen Armsheim. Gerade hat er noch einen Geburtstagsbesuch gemacht und ist vom 85-jährigen Geburtstags“kind“ unter Tränen verabschiedet worden. Am Nachmittag wird Bendler, obwohl er eigentlich schon im Urlaub ist, Konfirmandenunterricht halten.

Augenzwinkernd erzählt er, dass der Umgang mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden doch wesentlich einfacher sei, wenn man schon das „Opa-Alter“ erreicht habe. Wenn man noch im Alter der Konfirmanden-Eltern sei, passiere es öfter, dass die Jugendlichen auch mit dem Pfarrer Konflikte austragen, deren Adressat eigentlich die Eltern seien.

Manchmal hätte der heute 65-Jährige sich hier vor allen Dingen in den letzten Jahren seiner Berufstätigkeit ein größeres Zeitkontingent gewünscht. So wie es noch zu Beginn der 1980er Jahre für PfarrerInnen üblich war, als Bendler von Propst Heinrich Kern in der Lutherkirche zu Worms zum Pfarrer ordiniert wurde. Mit dem Slogan „Weil Menschen Menschen brauchen“ hatte die Evangelische Landeskirche Hessen und Nassau Mitte der 1970er Jahre viele junge Menschen gelockt, Theologie zu studieren. „Das war zwar nicht so ein frommer Slogan“, erinnert sich Bendler, „aber es traf den Nerv der Zeit“.

Immerhin fünf weitere junge Pfarrer waren es dann, die 1981 zusammen mit dem gebürtigen Lampertheimer ihren Dienst in der Propstei Rheinhessen antraten. „Damals – wie heute nun mit unserer Pensionierung – fand ein Generationswechsel statt. Wir Jungen wollten damals das Heft in die Hand nehmen, etwas bewegen.“ Eine der inhaltlichen Ideen, die von den jungen Pfarrern damals gemeinsam angegangen wurde, war die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in ihren Gemeinden. In vielen Gemeinden fanden 1988 anlässlich des 50. Jahrestages der Reichspogromnacht besondere Veranstaltungen statt. In seiner damaligen Gemeinde initiierte Bendler z. B. eine Arbeitsgemeinschaft zur theologisch-künstlerischen Aufarbeitung der Zerstörung der Synagoge Nieder-Wiesens.  Und so entstand ein von dem Darmstädter Bildhauer Prof. Thomas Duttenhoefer für die Kirchengemeinde entworfenes Altarparament.

Verknüpfung von Bildender Kunst, Musik, Kultur und Kirche

„Überall, wo ich war, habe ich Kunst hinterlassen“, erzählt Bendler. In seiner nächsten Gemeinde Armsheim, gelang es ihm in den nun folgenden 30 Jahren seines Wirkens besonders gut, die Verknüpfung von Bildender Kunst, Musik, Kultur und Kirche. Mit Gemeindegliedern unternahm er fast jährlich Bildungsreisen, organisierte unter dem Motto „Kunst und Kirche“ ein bis zweimal jährlich Kunstausstellungen in der phantastisch-schönen Armsheimer Kirche, die nicht nur Führungen sondern z. B. auch meditative Annäherungen an die Kunst für Kinder anboten. Eines der Highlights war 2001 das gemeinschaftliche Kunstprojekt „Dietrich-Bonhoeffer“, an dem u.a. der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, der Wiesbadener Kunstprofessor Guido Ludes und der Komponist Burkhard Egdorf teilnahmen. „Das waren große Aufgaben“, erinnert sich Bendler, „aber als Pfarrer darf man da nicht hasenherzig sein.“ Wenn es um die Machbarkeit eines Projektes ging, ließ sich Bendler nicht von Zweiflern entmutigen. „Wenn die Gremien sagten, das geht nicht, hab‘ ich gesagt, es klappt“. Und tatsächlich hat er, der nebenher auch noch in seinem Dekanat Alzey noch übergemeindliche Leitungsaufgaben übernahm (von 1985 bis 2016 war er im Dekanatssynodalvostand, von 2004 bis 2016 stellvertretender Dekan) anspruchsvolle Projekte, wie z. B. den internationalen Armsheimer Orgelsommer mit leichter Hand „durchgezogen“. Sein Plus: „Für Fundraising habe ich einfach eine Naturbegabung“. Und so gelang es der kleinen Armsheimer Gemeinde, ihre Pfarrkirche aus dem 15. Jahrhundert mit wunderschönen, von Künstlern gestalteten Fenstern auszustatten. Bendler ist der Ansicht „Wir sind als Kirche von Kultur umgeben. Die sollten wir beleben, sodass sie uns wiederum befruchtet und beflügelt“. Apropos Flügel, für den Ruhestand hat er schon so einige Pläne: u. a. will er sein Imkerhobby reaktivieren und dann sind da noch vier Enkel, die seine nun viel seiner größer gewordene Freizeit beanspruchen werden.


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