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„Unter 18 nie!“

Bündnis startet Kampagne gegen Anwerbung Minderjähriger für die Bundeswehr

Junge Soldatinnen von hinten

Anlässlich des Girls´ Day kritisiert ein neues Bündnis mehrerer Organisationen die Werbung der Streitkräfte unter Schülerinnen für den Beruf der Soldatin und die Rekrutierung minderjähriger Soldatinnen und Soldaten in Deutschland. Zu dem Bündnis gehört auch das Zentrum Oekumene der EKHN und der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck.

Unter Überschriften wie „Ein Tag als Soldatin“ oder „Attraktive Uniformen“ werben mehr als 100 Einrichtungen der Bundeswehr für mehr als 3600 Angebote zum bundesweiten Tag der Berufsorientierung für Mädchen ab der fünften Klasse („Girls´ Day“). Im Jahr 2018 hat die Bundeswehr 1679 minderjährige Soldaten eingestellt, darunter 313 Mädchen. Dies wird von der heute gestarteten Kampagne „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ kritisiert, in der sich zahlreiche Friedens-, Kinderrechts-, Bildungs- und kirchliche Organisationen zusammengeschlossen haben.

Gefährliche Einsätze würden verharmlost

„Es ist bedenklich, wenn angesichts des offensichtlich größer werdenden Nachwuchsmangels der Rekruten-Alltag in der Werbung als Abenteuerurlaub dargestellt wird, aber die gefährlichen Einsätze ausgeblendet werden, dann wird der Beruf des Soldaten erschreckend verharmlost, gerade auch bei jungen Menschen“, mahnt Wolfgang Buff vom ZOE in Frankfurt. Buff ist auch einer der Sprecher der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden.

„Unter 18 nie! – Keine Minderjährigen in der Bundeswehr!“

Buff verweist dabei auf den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags. „In seinem Ende Januar vorlegten Bericht hat der Wehrbeauftragte unterstrichen, dass es eine besondere Ausnahme bleiben muss, 17-Jährige als freiwillige Soldatinnen und Soldaten in die Bundeswehr einzuziehen, da es in der Truppe keine besonderen Schutzbereiche für Jugendliche gibt und sogar eine missbräuchliche Verwendung in Einzelfällen bekannt wurde“, betont Wolfgang Buff. Für ihn könne das nur heißen: „Unter 18 nie und unter 18 nirgendwo.“

„Die Bundeswehr ist kein Arbeitgeber wie jeder andere. Das muss bei der Berufsorientierung junger Mädchen rüberkommen“, unterstrich Ilka Hoffmann, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) für Schule. „Bereits 15-jährige Mädchen werden für einen Beruf umworben, der viele Risiken mit sich bringt von Traumatisierungen bis hin zum Tod“, sagte Hoffmann. Mögliche persönliche Folgen würden bei diesen Angeboten ebenso verharmlost wie die verheerenden Auswirkungen von Kriegen für die Zivilbevölkerung. „Diese Desinformation junger Menschen muss beendet werden. Das Vorgehen lehnen wir aus politischen, pädagogischen und kinderrechtlichen Gründen ab“, betonte die GEW-Schulexpertin.

Desinformation junger Menschen müsse beendet werden

„Jedes Jahr kommt es bei der Bundeswehr zu schweren Rechtsverstößen und Kinderrechtsverletzungen“, sagte Ralf Willinger, Kinderrechtsexperte beim Kinderhilfswerk terre des hommes. „So waren in den Jahren 2017 und 2018 minderjährige oder gerade volljährig gewordene Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr von sexualisierten Ritualen, sexueller Belästigung und Vergewaltigung betroffen. Bei  Bundeswehrübungen kam es zudem zu schweren Verletzungen und Todesfällen von Soldatinnen und Soldaten. Das zeigt: Eine Armee ist kein Platz für Kinder und Jugendliche! Wir fordern die Bundesregierung auf, die Rekrutierung von minderjährigen Soldatinnen und Soldaten sofort einzustellen, die militärische Werbung bei Schülerinnen und Schülern zu beenden und die Kinderrechte zu schützen und einzuhalten“.

Rekrutierung Minderjähriger sei unnötig und kein internationaler Standard

„Die Praxis der Rekrutierung Minderjähriger ist unnötig und nicht zeitgemäß“, sagte Philipp Ingenleuf für das Netzwerk Friedenskooperative, das ebenfalls zu den Mitgründern des Bündnisses gehört. Deutschland gehöre zu einer kleinen Minderheit von UN-Staaten, die Minderjährige immer noch für das Militär rekrutieren. „Damit steht die Bundesregierung in Widerspruch zu ihrem Schutzauftrag gegenüber Minderjährigen und macht sich bei der internationalen Ächtung des Einsatzes von Kindersoldaten unglaubwürdig“, hob Ingenleuf hervor. Auch Deutschland müsse sich bei der Rekrutierung von Soldaten endlich an den internationalen „18-Jahres-Standard“ halten.

Zur Information:

Die Träger der Kampagne „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ werden sich in den kommenden Jahren durch Aktionen, Informations- und Lobbyarbeit für die Anhebung des Rekrutierungsalters für den Militärdienst auf 18 Jahre sowie für ein Verbot von Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen engagieren.

Acht Kultusministerien haben mit der Bundeswehr eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, die den Zugang von Jugendoffizieren in den Unterricht, in Ausbildungsveranstaltungen von Lehrkräften oder exklusive Informationsmöglichkeiten für die Bundeswehr regeln.

Die Jugendoffiziere der Bundeswehr haben 2017 mehr als 122.000 Schülerinnen und Schüler erreicht. Weitere über 111.000 Schülerinnen und Schüler haben über Beratung und Vorträge von Karriereberatern Kontakt zur Bundeswehr gehabt. Der Etat für die Nachwuchswerbung der Bundeswehr lag 2017 bei 35,2 Millionen EURO. Allein für die Produktion und Bewerbung der youtube Serie „Mali“ hat das Verteidigungsministerium 6,5 Millionen Euro ausgegeben.


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