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Kirchen-Forderung zu A49

Dannenröder Forst: Propst begrüßt Rodungsstopp am „Totensonntag“

Protest im Dannenröder Forst

Protest im Dannenröder Forst

Schon am Volkstrauertag wurden Bäume im Dannenröder Forst zum Ausbau der A49 gefällt. Am Ewigkeitssonntag sollte das nun wieder so sein. Deshalb forderten die evangelischen Pröpste in Mittelhessen einen Rodungsstopp für den bevorstehenden "Totensonntag". Tatsächlich wurden die Arbeiten jetzt angehalten.

Der evangelische Propst für Oberhessen, Matthias Schmidt, hat den Rodungsstopp im Dannenröder Forst am sogenannten Totensonntag begrüßt. Im Vorfeld hatte er gefordert, die Arbeiten auszusetzen, und den Ewigkeitssonntag „in seinem besonderen Charakter zu respektieren“. Am letzten Sonntag vor der Adventszeit gedenken evangelische Christinnen und Christen traditionell ihrer Toten. Seit Wochen gibt es teils gewaltsame Proteste in dem Waldstück bei Homberg / Ohm um den umstrittenen Ausbau der A49.  

Würde des Totensonntags und der Trauernden achten

Bei einer Andacht auf dem Friedhof im mittelhessischen Dannenrod (Vogelsbergkreis) sagte Schmidt am Sonntag, dass es wichtig sei, die besondere „Würde“ des Ewigkeitssonntags und der Trauernden zu wahren. Es sei ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die Politik „zugehört hat“, erklärte er. „Eine Unterbrechung wie heute kann helfen, wieder zur Besinnung zu kommen“, sagte Schmidt. Nach Worten Schmidts seien in Mittelhessen nicht nur die Gräben zwischen Protestierenden und Polizeikräften tiefer geworden. Auch die Bevölkerung vor Ort sei über den Ausbau der A49 inzwischen tief gespalten: Schmidt: „Wir sehen unsere Aufgabe als Kirche, das Gespräch zwischen den Interessengruppen in Gang zu halten. Unsere Beobachter, die jeden Tag hier, vor Ort, unterwegs sind, verstehen sich als Vermittler“. Gleichzeitig kritisierte er einen gewaltsamen Einsatz gegen eine ehrenamtliche Beobachterin der evangelischen Kirche, die am Samstag verletzt worden war: „Dagegen protestieren wir klar und deutlich! Wir lehnen als Kirche jede Form von Gewalt klar ab, sowohl gegen friedlich demonstrierende Bürger als auch gegen Polizei und gegen Arbeiter.“

Bereits am Freitag Kritik an angekündigten Arbeiten geäußert

Bereits am Freitag hatte sich Schmidt gemeinsam mit dem Propst des Sprengels Marburg, Helmut Wöllenstein, kritisch zu der Ankündigung geäußert, dass die Waldarbeiten auch am Totensonntag fortgesetzt werden sollten. „Ich bedauere sehr, dass die Rodungsarbeiten auch sonntags durchgeführt werden – zuletzt sogar am zurückliegenden Volkstrauertag“, sagte Propst Matthias Schmidt am Freitag. Er bitte die Verantwortlichen darum, den bevorstehenden Ewigkeitssonntag, der auch Totensonntag genannt wird, „in seinem besonderen Charakter zu respektieren und auf Rodungsarbeiten zu verzichten“.  Am Sonntagmorgen hatte die Polizei Mittelhessen dann per Kurznachrichtendienst Twitter bestätigt, dass die Arbeiten am Ewigkeitssonntag ausgesetzt seien.

Pause zur Deeskalation nutzen

Der Propst des Sprengels Marburg, Hemlut Wöllenstein erklärte in der Pressemitteilung vom Freitag: „Es ist mehr als betrüblich, dass ausgerechnet der besonders geschützte Volkstrauertag am vergangenen Wochenende zu einem Tag der weiteren Verhärtung der Fronten geworden ist. Das entspricht nicht dem Geist dieses Tages. Das darf am Ewigkeitssonntag nicht noch einmal passieren.“ Nach Wöllensteins Worten kann es sinnvoll sein, „in der aktuell aufgeheizten Lage rund um den Dannenröder Forst in Mittelhessen die Auszeiten an Sonn- und Feiertagen zu nutzen, um für eine Deeskalation zu sorgen“.

Abholzungs-Lärm stört Trauernde

Auch wenn für die Arbeiten am Sonntag alle notwendigen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien, war es aus Sicht des Gießener Propstes Matthias Schmidt geboten, auf die sonntäglichen Rodungsarbeiten im Dannenröder Forst aus Rücksicht zu verzichten. Das Totengedenken auf dem Dannenröder Friedhof werde durch den Maschinenlärm gestört und die Religionsausübung eingeschränkt. Zudem seien alle Beteiligten vor Ort bereits jetzt werktags einer hohen körperlichen und seelischen Belastung ausgesetzt, „die weit über das übliche Maß hinausgeht“, so Schmidt. Das gelte sowohl für diejenigen, die als Forstarbeiter ihrer Arbeit nachgehen und für die polizeilichen Einsatzkräfte ebenso wie für die Menschen, die gegen die Rodung protestierten.

Zurück zum friedlichen Miteinander

Der Marburger Propst Wöllenstein bat in der zurückliegenden Mitteilung deshalb  „eindringlich darum, wenigstens die Sonn- und Feiertage nach Möglichkeit zu nutzen, um zu einem friedlicheren Miteinander trotz unterschiedlicher Überzeugungen zurückzufinden“.

Das Evangelische Dekanat Vogelsberg engagiert sich bereits seit vielen Monaten dafür, dass die unterschiedlichen Interesselagen vor Ort friedlich ausgetragen werden können. Es steht weiter für Gespräche zur Verfügung und ist mit Beobachtern vor Ort präsent.  

Hintergrund:
Positionspapier des Dekanats Vogelsberg zum Ausbau der A49: 
https://vogelsberg-evangelisch.de/fileadmin/content/dekanat-vogelsberg/Bilder/2020/pdf/FGBdS_Verlautbarung_A49.pdf

Mit Befürwortern und Gegnern der Rodung des Waldes haben Reporter des evangelischen publizistischen Portals Indeon gesprochen - zu sehen hier auch im Video


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