Klima
EU macht Atomkraft und Gas grün - Scharfe Kritik der Kirche
(epd/red) Am Mittwoch (6. Juli 2022) hat das EU-Parlament über die Taxonomie absgestimmt, nach der Erdgas und Atomkraft angesichts der aktuellen Energiekrise nun vorübergehend als klimafreundlich gelten. Das Europäische Parlament wies am Mittwoch in Straßburg den Einspruch gegen die Verordnung der EU-Kommission zur sogenannten Taxonomie zurück.
Scharfe Kritik von evangelischer Kirche
Scharfe kritik daran gibt es in der evangelischen Kirche: "Die Entscheidung des EU-Parlaments ist eine große Enttäuschung für alle, die an die Inhalte der neuen EU-Taxonomie geglaubt haben. Statt den eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu folgen, spielt die Entscheidung den Lobbyinteressen in die Hände", kritisiert der hessen-nassauische Verwaltungschef Heinz Thomas Striegler, die Entscheidung. Er ist auch Vorstandsvorsitzender des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren in Deutschland (AKI) ist. Für Striegler hat die Entscheidung noch eine weitere Schattenseite: "Das war leider keine Sternstunde des Parlaments, sondern eher ein Beitrag zur Politikverdrossenheit." Es bleibe dennoch zu hoffen, "dass viele Investmenthäuser in ihren Angeboten bei der Linie bleiben, unter dem Etikett Nachhaltigkeit nicht Atomstrom oder fossile Brennstoffe zu erlauben. Denn das wäre Etikettenschwindel." So sieht es auch Hubert Meisinger, Referent im Bereich Umwelt und digitale Welt im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN: „Damit ist die Glaubwürdigkeit des Ökosiegels durch die Taxonomie Geschichte“, kritisiert er.
Abstimmung in Straßburg
Mit der Entscheidung in Straßburg gelten Investitionen in Gas und Atomkraft in der EU künftig unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig. Mindestens 353 der 705 Abgeordneten hätten gegen die Verordnung stimmen müssen, um das grüne Siegel für Atomkraft und Gas zu stoppen. Es stimmten 278 dagegen, 328 Abgeordnete dafür und 33 enthielten sich der Abstimmung.
Energiewende in Gefahr
Bereits im Februar hatte EKHN-Umweltpfarrer Hubert Meisinger die Auswirkungen von Atomkraft und Gas eingeschätzt: „Ökologisch oder sozial nachhaltig sind beide Technologien nicht.“ Sollte es dennoch eine positive Entscheidung in Straßburg hinsichtlich deren Nachhaltigkeit geben, sah er als Konsequenz „die Energiewende in Gefahr, wenn Investitionen statt in erneuerbare Energien dann in atomare und fossile Energien fließen.“ Nach dem heutigen EU-Parlaments-Beschluss unterstricht Umweltpfarrer Meisinger erneut, „dass der Klimakrise so nicht begegnet werden kann, wenn diese alten Trampelpfade erhalten bleiben.“
Umweltpfarrer zur EU-Taxonomie
Protest im Vorfeld mit Social-Media-Aktion
Neben dem Protest aus vielen Umweltverbänden hatte sich im Vofeld unter anderem auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) an einer deutschlandweiten Aktion kirchlich-ethischer Investment-Anleger gegen „greenwashing“ von Gas und Atomkraft angeschlossen. Dabei wurden alle EU-Parlamentarier gebeten, „gegen die Aufnahme von Gas- und Atomkraft in die Umwelt-Taxonomie zu stimmen“. Stattdessen sollen sie sich für den Transfer von Finanzmitteln in generationengerechte Wirtschaftsaktivitäten einsetzen. Die Mühe war vergeblich.
Chef der Kirchenverwaltung appellierte an EU-Abgeordnete
So hatte Heinz Thomas Striegler, Leiter der Kirchenverwaltung und Vorstandsvorsitzender des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI), bereits im Juni an die hessischen und rheinland-pfälzischen Abgeordneten des EU-Parlamentes einen Brief gerichtet. Auch der Chef der Kirchenverwaltung appellierte an die Parlamentarier, gegen die Vorlage der EU-Kommission zu stimmen. Es bestünde sonst die Gefahr, dass die Taxonomie mit der Aufnahme von Atomkraft und Gas das sogenannte `Greenwashing´ von Finanzprodukten befördert.“ Würden Gas und Atomkraft als nachhaltig eingestuft, „stellt sich die EU-Kommission gegen die wissenschaftsbasierten Kriterien ihrer eigenen Beratungsgremien und stellt die Glaubwürdigkeit der Taxonomie, aber auch des Europäischen Green Deals insgesamt in Frage“, warnte Heinz Thomas Striegler. Bereits am im März hatte Heinz Thomas Striegler in einer Erklärung des AKI deutlich gemacht: „Als Brückentechnologie ist Gaskraft per Definition nicht nachhaltig.“ Und Atomkraftwerke könnten grundsätzlich nicht betrieben werden, ohne das Umweltziel der Kreislaufwirtschaft zu verletzen.
EKHN achtet auf nachhaltige Geldanlagen
Auch die EKHN legt Geld an, um Rücklagen zu bilden. Dadurch sollen kirchliche Aufgaben auch in der Zukunft erfüllt werden können. Dabei achtet die EKHN auf ethisch-nachhaltige Kriterien. Die Geldanlage soll sozialverträglich und ökologisch, aber auch generationengerecht erfolgen. Mit dem Kohle-Ausschluss fließen keine Gelder mehr in die Finanzierung dieses klimaschädlichen Energieträgers.
Vermögensmanagement der EKHN zur EU-Taxonomie
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