Perspektive
Evangelische Kirche stellt Kunst zum Ukraine-Krieg aus
Die schwarzen Flecken auf transparentem Untergrund sehen aus wie Luftbilder von zerschossenen Städten und Dörfern. Im Kirchenraum in der evangelischen Kirche Groß-Zimmern wirken sie fast störend, ja deplatziert. Und passen sich doch ein, befindet sich das Bild doch in unmittelbarer Nähe die Gedenktafel, die an die Gefallenen im Krieg 1870/71 erinnert, und das Kreuz mit den Namen der in diesem Jahr Verstorbenen. „Eine bewusste Positionierung“, sagt Pfarrer Michael Fornoff.
Was aussieht wie die Luftbilder zerstörter Städte und Dörfer ist genauso gewollt. Marlis Krause-Kunze hat dazu schwarze Ölfarbe auf Plexiglas gedruckt. „Das Bild ist eine künstlerische Verfremdung der Angriffe auf die Ukraine und entstand ziemlich am Anfang, als die russischen Truppen eine Stadt nach der anderen zerstört haben“, sagt die 71-Jährige. Die Groß-Zimmernerin ist Kunst- und Sozialpädagogin und malt seit rund 40 Jahren. Sie sieht sich vor allem als Konzeptkünstlerin.
Wenn der Friede fehlt – gegen die Gleichgültigkeit“ hat Marlis Krause-Kunze die themenbezogene Ausstellung betitelt. Der Angriff auf die Ukraine habe sie „umgebrettert“, sagt sie, „und tief bewegt“. Was ursprünglich gar nicht zum Ausstellen gedacht gewesen sei, lasse sich nun plötzlich verwenden, um „eine sensible Begleitung zum aktuellen Geschehen abzubilden und dadurch das immer gleiche Chaos und die Sinnlosigkeit dieser kriegerischen Konflikte deutlich zu machen“, so die Konzeptkünstlerin.
Kriege haben eigene Gesetzmäßigkeiten
Etliche Bilder sind in einer Kirchenbank aufgereiht, andere liegen wie zufällig davor auf dem Boden. Krieg bedeutet Tod und Zerstörung. Kriege folgen sich wiederholenden Gesetzmäßigkeiten. Das ist die Botschaft, die sie übermitteln. So hat Marlis Krause-Kunze verschiedene Arbeiten zusammengestellt, die sich mit Krieg und seinen Folgen befassen. Zu sehen sind zum Beispiel Arbeiten, die während des zweiten Golfkriegs im Irak entstanden sind und während des Jugoslawien-Kriegs. Seiten aus dem Darmstädter Tagblatt von 1917 berichten über den Ersten Weltkrieg. In ein Bild hat sie ein Foto ihres Vaters als Soldat im Zweiten Weltkrieg eingearbeitet. Ein anderes befasst sich mit den Frauen von Kabul nach dem Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan. Wieder ein anderes thematisiert die Rolle von Mädchen und Frauen, die im Krieg leicht Opfer sexualisierter Gewalt werden. Eine Installation zeigt ein jahrzehntealtes Brot, das Hasenbrot, einen übrig gebliebenen, trockenen Brotrest, der trotzdem verwertet wurde.
Die Bilder sind meist düster. Und doch hat auch die Hoffnung ihren Raum. Zum einen, weil die Arbeiten in einer Kirche zu sehen sind – für Marlis Krause-Kunze „eine Herzensumgebung“. Zum anderen finden sich auf einem Tisch in der Taufkapelle viele kleine Fläschchen – so viele wie der Ukraine-Krieg schon Tage hat – mit Inhalten, die froh machen sollen. Es sind Hoffnungsfläschchen.
Die Ausstellung ist noch bis 19. Juli nach telefonischer Kontaktaufnahme mit Pfarrer Michael Fornoff unter 0172-6665653 in der evangelischen Kirche in Groß-Zimmern, Kirchstraße 15, zu sehen. Am Dienstag, 12. Juli, 19 Uhr, sind Interessierte eingeladen, über den Ukraine-Krieg und die Ausstellung ins Gespräch zu kommen.