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#Peacebell ist fertig gegossen

Kriegsschrott wird zum Symbol des Friedens

Pfarrer Christoph Kiworr schüttet Patronenhülsen des Zweiten Weltkriegs in den Ofen. Daraus entseht nun ein Symbol des Friedens: Die #PeaceBell, die auf dem Mainzer Lerchenberg erklingen soll.

Spannungsvolle Stille herrscht, als Patronenhülsen und Waffenteile in der rotglühenden Schmelze versinken und die Bronze in die vorbereitete Glockenform aus Lehm gegeben wird. Bis auf wenige Kommandos und den traditionellen Ruf „In Gottes Namen“ sagt niemand ein Wort. Die #PeaceBell für den Mainzer Lerchenberg ist gegossen.

Dafür wurde bewusst ein historisch bedeutsames Datum gewählt: Am 8. Mai kapitulierte 1945 die Wehrmacht und läutete damit das Ende des Zweiten Weltkrieges ein. 75 Jahre später wurde nun an diesem Tag ein Zeichen des Friedens geschaffen

Aus Kriegsschrott wird ein Symbol des Friedens


Das Projekt #PeaceBell wurde vom Musiker und Friedensaktivisten Michael Patrick Kelly ins Leben gerufen. Zum 100-jährigen Ende des ersten Weltkrieges präsentierte er 2018 in der Mainzer Christuskirche eine Glocke, die aus eingeschmolzenen Waffen und Kriegsschrott gegossen wurde. Damit kehrte der Künstler den Prozess um, bei dem in beiden Weltkriegen mehr als 150.000 Kirchenglocken gesammelt und eingeschmolzen wurden, um daraus tödliche Waffen herzustellen.

Michael Patrick Kelly hat Glocke gestaltet

Die Evangelische Maria-Magdalena Kirchengemeinde auf dem Mainzer Lerchenberg hat eine #PeaceBell erworben, die von Kelly für die Gemeinde gestaltet wurde. Pfarrer Christoph Kiworr war beim Guss dabei und legte sogar Hand an. Leider durfte in Coronazeiten nicht wie geplant Mitglieder der Gemeinde vor Ort sein, doch über einen Stream des artstar Verlags, konnte sie den Guss ihrer Glocke live verfolgen. Doch auch über die Gemeindegrenzen hinaus wurde die Herstellung der #PeaceBell zu einem Spektakel – mehr als 2.500 Menschen verfolgten den Live-Stream.

8. Mai als Tag der Befreiung

Pfarrer Christoph Kiworr bekommt Gänsehaut, wenn er an den Moment denkt, als er Waffenschrott aus dem zweiten Weltkrieg in den Ofen geben durfte: „75 Jahre nach Kriegsende aus Waffen eine Glocke zu formen ist sehr bewegend. Für mich ist der 8. Mai ein Tag der Befreiung und der Mahnung. Insofern hoffe ich, dass der Ruf der Glocke zum Frieden immer lauter sein wird als die Stimmen des Hasses und der Zwietracht. Die Glocke soll in ihrer langen Zeit des Bestehens niemals wieder Zeuge eines Krieges werden!“

Traditionsreiche Glockengießerei im Münsterland

Wer das Gebäude der Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock in Gescher im Münsterland betritt, taucht tief in eine Jahrhunderte alte Tradition ein. Denn der Guss eine Glocke hat sich kaum verändert und ist noch echte Handarbeit. Vor über dreihundert Jahren (1690) hat die Firma Petit & Gebr. Edelbrock die Arbeit als Glockengießerei aufgenommen. Noch heute, in der 12. Generation, stellen sie getreu dem Motto „Soli deo gloria!“ Kirchenglocken nach dem Lehmverfahren her. Der 13 Tonnen fassende Schmelzofen ist das Herzstück des Betriebes.

Gießverfahren ist sehr aufwendig

Glocken werden traditionell freitags nachmittags gegossen, was an die Sterbestunde Jesu Christi erinnern soll. Zur Herstellung einer Glocke muss eine dreiteilige Form, bestehend aus Kern, falscher Glocke und Mantel gefertigt werden. Alle Formarbeiten nehmen viel Zeit in Anspruch, da jede einzelne Lehmschicht trocken sein muss, bevor die nächste aufgetragen werden kann.

Der Kern, der dem Inneren der Glocke entspricht, wird aus Lehmsteinen und verschiedenen Lehmschichten gemauert. Die falsche Glocke - oder Modellglocke - muss in Umfang und Aussehen genau der späteren, noch zu gießenden Bronzeglocke entsprechen. Sie besteht aus Lehm und Talg, die Zier wird in Wachs aufgetragen.

Nun wird aus Lehm der Mantel gefertigt. Er muss einen enormen Druck beim Guss aushalten. Das Wachs der Glockenzier auf der Falschen Glocke ist durch den Trockenvorgang weggeschmolzen. Beim Abheben des Mantels zeigt seine Innenwand nun alle Schriften und Verzierungen im Negativ.

Die Falsche Glocke hat nun ausgedient und wird vorn Kern entfernt. Der Mantel wird wieder über den Kern gestülpt. Dazwischen ist der Hohlraum entstanden, den vorher die Falsche Glocke eingenommen hat und der beim späteren Guss mit Bronze gefüllt wird.

Dieses Jahr soll die Glocke erklingen

Schon Stunden vor Beginn des Glockengusses wird der Schmelzofen aufgeheizt. Bei etwa 1100 °C hat die Bronzeschmelze die erforderliche Gusstemperatur und fließt langsam in die Form. Nun heißt es sowohl für die Gießerei als auch für die Maria-Magdalena Kirchengemeinde Geduld haben, denn die Glocke muss nun noch einige Tage auskühlen, bis sie aus ihrem Mantel befreit wird.

„Ich hoffe sehr, dass ich auch dabei sein kann, wenn die Glocke aus der Erde gehoben wird“, erklärt Kiworr, „Und dann freuen wir uns darauf, wenn sie bald in unserer Gemeinde erklingt und auch dort zum Friedenssymbol wird!“ Denn hoffentlich noch in diesem Jahr soll die Glocke feierlich eingeweiht werden. 

Infos:
Über die Crowdfunding-Kampagne der Mainzer Volksbank kann man das Projekt #PeaceBell auch finanziell unterstützen: mvb.viele-schaffen-mehr.de/peacebell-lerchenberg.

Der Live-Stream zum Glockenguss und der Gruß von Michael Patrick Kelly ist weiterhin online unter ev-gemeinde-drais-lerchenberg.ekhn.de zu sehen.



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