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Mark Adler tauscht Bühne mit Kanzel

Opernsänger wird evangelischer Pfarrer

Mark Adler im Gottesdienst

Mark Adler im Gottesdienst

Mark Adler war Opernsänger, jetzt wird er evangelischer Pfarrer. Er tauscht die Bühne mit der Kanzel. Vor kurzem hat der 51-Jährige sein Vikariat in der Evangelischen Kirchengemeinde Georgenhausen-Zeilhard im Dekanat Vorderer Odenwald begonnen. Wie fühlt er sich nach den Premierenwochen?

Das Rittergeschlecht der Rodensteiner soll den Kirchenbau samt Kirchhof gestiftet, dem Schutz des Heiligen Sankt Georg unterstellt und somit später auch dem Dorf, das zur südhessischen Kleinstadt Reinheim gehört, seinen Namen gegeben haben. Die Georgskirche in Georgenhausen wurde Ende des 18. Jahrhunderts von den Freiherren von Haxthausen erbaut. „Klein, aber fein“ findet Mark Adler das Kirchlein, in dem er am ersten Advent seinen ersten Gottesdienst alleine gestaltet hat. Davor war  er schon an einigen Gottesdiensten beteiligt.

Anspruchsvolle Predigt

Die Vorbereitung sei anspruchsvoll gewesen, sagt Mark Adler. Ein bisschen nervös sei er gewesen, vor allem wegen der Predigt. „Da gibt man schon eine Menge Herzblut rein.“ Aber Angst vor einem Publikum zu sprechen? Nein. „Ich bin es gewohnt, auf einer Bühne zu stehen und vor einem Publikum etwas zu sagen oder zu singen“, sagt Mark Adler. Bei der Predigt habe er versucht, sich in die persönliche Ansprache hineinzufinden. „Ich habe mich wohlgefühlt, ich war aber auch gut vorbereitet.“

Auf der Suche nach mehr Sinn im Leben

Aufgewachsen in Berlin studierte Mark Adler nach dem Abitur Gesang und arbeitete jahrzehntelang als lyrischer Tenor an verschiedenen Bühnen. Mit dem festen Engagement am Darmstädter Staatstheater zog er mit Frau und Kindern 2005 nach Südhessen. Seit fünf Jahren leben Adlers in Eberstadt. Die Jungs sind inzwischen 20 und 18, die Tochter zehn Jahre alt. In den vergangenen neun Jahren arbeitete Mark Adler freiberuflich als Opernsänger, er war deutschlandweit und auch im Ausland unterwegs. Mit Ende 40 entschied er sich, seinem Leben eine neue Wendung und mehr Sinn zu geben und begann in Heidelberg den berufsbegleitenden Masterstudiengang Theologie. Er wollte das umsetzen, was er sich nach dem Abitur nicht zugetraut hatte. Seine Familie unterstützte ihn dabei.

Erster Gottesdienst in geliehenem Talar

Vom Theater weiß Mark Adler, dass ein Kostüm den Menschen verändert und eine bestimmte Wirkung hat. Ähnlich ging es ihm auch mit dem Talar. Er habe sich staunend im Spiegel angesehen. „Für mich ist es eine Hilfe, ein schönes Gefühl“, sagt Mark Adler. Für seine Frau sei es zunächst komisch gewesen, ihn im Talar zu sehen. Vor dem ersten Gottesdienst war sein Talar zwar schon länger in der Schneiderei bestellt, aber nicht rechtzeitig ausgeliefert worden. Ein Glück, dass Lehrpfarrer Joachim Kühnle in etwa die gleiche Statur hat, auch wenn der Talar insgesamt etwas zu kurz war.

Neuer Arbeitsrhythmus

Mit Beginn seines Vikariats hat sich Mark Adlers Lebens- und Arbeitsrhythmus komplett verändert. Hatte er früher einen festen Termin, an dem er eine Partitur einstudiert haben musste, so plant er nun frühzeitig, um die Predigt oder den Unterricht in der Grundschule vorzubereiten. „Es ist eine ganz andere Art zu arbeiten.“ Auf der Bühne war er Interpret. Eine Predigt findet er viel komplexer – er müsse sich in die Menschen hineinversetzen, Interpretationsmöglichkeiten recherchieren, sich Gedanken über die Wirkung seiner Worte machen, Bezüge zum Heute herstellen. „Ein Pfarrer ist mehr wie ein Regisseur oder Komponist.“ Hilfreich seien da auch die Diskussionen mit Lehrpfarrerin Claudia Kühnle.

Religionsunterricht ist eine wichtige Aufgabe

Inzwischen hat er schon mehrerer Gottesdienste gestaltet, darunter zwei an Weihnachten – um 17 Uhr an Heiligabend, zur „Prime Time“ sozusagen, und am zweiten Weihnachtstag. Dieser Gottesdienst war eine Premiere, da Mark Adler seine beiden Rollen miteinander verknüpfte: mit einer Liedpredigt. Er sang „Führ mich, Kind, nach Bethlehem“ von Hugo Wolf und gestaltete seine Predigt dazu. „Es hat ganz gut funktioniert“, sagt der Vikar. „Gottesdienste liegen mir.“ In den ersten Wochen seines Vikariats war Mark Adler vor allem im Predigerseminar in Herborn und in der Grundschule. Dass ihm die Arbeit dort so sehr gefällt, hat ihn selbst überrascht. „Ich bin super gerne in der Grundschule und es macht mir Riesenspaß“, sagt der 51-Jährige. Die Kinder seien aufgeschlossen und äußerten sofort ihre eigenen Gedanken – zum Beispiel zu einem Bibelvers. „Es ist eine wunderbare Aufgabe – und sehr wichtig“, sagt Mark Adler. „Wir zeigen damit: Es ist uns als Kirche wichtig, dass wir Kinder begleiten.“

Seelsorge steht jetzt an 

Bis Februar unterrichtet er in der Grundschule in Darmstadt-Eberstadt, danach wechselt er an die Grundschule in Georgenhausen-Zeilhard, wo er nach und nach den Religionsunterricht von Pfarrer Joachim Kühnle mit übernehmen wird. In den Konfirmandenunterricht ist er auch schon mit eingestiegen. Als nächstes kommen nun Seelsorge und die Kasualien, also die Gottesdienste, die anlässlich wichtiger Stationen im Leben von Menschen gefeiert werden: Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung. Die Georgenhäuser und Zeilharder seien sehr wohlwollend, sagt der Vikar. „Ich fühle mich schon aufgenommen hier in der Gemeinde.“ Die Premiere für den Ex-Opernsänger in der evangelischen Kirche scheint geklappt.

Hintergrund

Ein Quereinstieg in den Pfarrberuf ist auch per Fern- oder Teilzeitstudium möglich. Die Philipps-Universität Marburg war Vorreiterin in der Theologie-Ausbildung für Quereinsteiger: Seit 2007 gibt es dort den dreijährigen berufsbegleitenden Masterstudiengang Evangelische Theologie. Nächstmöglicher Einstieg ist im April 2022. Die zweite Möglichkeit, an einer staatlichen Hochschule berufsbegleitend Theologie zu studieren, gibt es seit dem Wintersemester 2013/14 als Präsenzstudium an der Universität Heidelberg. (Infos zum Studium: Rebecca Müller, Telefon 06151/405-378, E-Mail: rebecca.mueller@ekhn.de)

Text: Silke Rummel


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