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Jugendwort

Sind wir nicht alle manchmal ein wenig „lost“?

Stella Berker

Stella Berker ist ehrenamtlich aktiv in der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit

Warum es „cringe“ (peinlich) ist, wenn Erwachsene Jugendworte benutzen? Weil Jugendsprache der Jugend gehört. Das sagt zumindest Stella Berker. Sie macht ehrenamtlich Jugendarbeit in der Evangelischen Kirchengemeinde in Rödermark Ober-Roden. Für sie repräsentiert das aktuelle Jugendwort des Jahres 2020 „lost“ den wirklichen Sprachgebrauch der Jugendlichen.

Das Jugendwort des Jahres 2020 steht fest: „lost“ lautete das Abstimmungsergebnis, wie eine Sprecherin des Pons-Verlag mitteilte.  Auch Stella Berker aus Rödermark  hat mit abgestimmt und war positiv überrascht: „Ich war schon fast erstaunt, dass es genau das Wort geworden ist, für das ich auch gestimmt habe", erzählt die die aktive Ehrenamtliche. Mit 23 Jahren benutzt auch sie noch das Wort "Lost". In der evangelischen Kirche in Ober-Roden engagiert sich Stella Berker für die Kinder- und Jugendarbeit.  Außerdem studiert sie Soziale Arbeit und Gemeindepädagogik.

Auf der Suche nach einem Plan und Orientierung

Der Betriff „lost“ stammt aus dem Englischen, wird aber hier von Jugendlichen verwendet, um ahnungsloses, verwirrtes oder unsicheres Verhalten zu beschreiben. Die 23-jähirge Stella Berker, die auf Instagram als @sovielduglaubst unterwegs ist, gesteht: „Ich spreche selbst oft Jugendsprache, vor allem durch meine Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden.“ Uns so erklärt sie, was Jugendliche genau mit „lost“ meinen: „Dieses Wort „lost“ beschreibt diesen Moment, in dem man von allem gar keinen Plan hat. Zum Beispiel, wenn ich jetzt mit meinem Bruder im Urlaub bin und komplett die Orientierung verloren habe. Dann sagt er halt auch: `Boa, du bist ja mal völlig Lost!´.“ Das Wort drücke Verwirrtheit aus und werde durchaus auch auf sich selbst bezogen. Stella nennt ein Beispiel aus der Schule: „Gestern in Mathe, da war ich völlig lost!“

Jugendsprache gehört der Jugend

Vor ein paar Jahren hätte man im Matheunterricht noch gesagt: „Das habe ich gar nicht geblickt!“ oder „Hast du das gecheckt?“. Sprache ist fluide und dynamisch. Sie ändert sich mit den Generationen – das bestätigt auch der  „zweite Bericht zur Lage der deutschen Sprache“. Für Stella ist das Wichtige an Jugendsprache, „dass sie der Jugend gehört.“ Sie findet es schwierig, wenn sich eine andere Generation einmische und versuche, die Sprache zu verstehen oder gar selbst anzuwenden. Das werde dann, „um das drittplatzierte Jugendwort zu verwenden, ganz schnell cringe!“ Übersetzt: ziemlich peinlich.

Mut zur Authentizität – für alle Generationen

Dieses Verhalten der älteren Generationen erlebe sie manchmal auch im Umfeld der Kirche: „Ältere Leute versuchen dann cool zu sein und nennen eine Veranstaltung dann: ,H2O – Water of Life - #lebendigeswasser‘ oder so.“ Das empfindet sie dann als möchtegern-jung und eher unpassend.  Jugendsprache sei auch dafür da, damit sich die Jugend von den Erwachsenen abgrenzen könne. Stella empfand es als spannend, dass in diesem Jahr zum ersten Mal die Endentscheidung die Jugendlichen selbst getroffen hätten. Rückblickend erzählt sie: „Sonst wurden fast immer Worte gewählt, wo die Jugendlichen gesagt haben: Das haben wir überhaupt nicht benutzt. Was soll das jetzt bedeuten?“ Das erweckt den Eindruck: Wenn junge Leute selbst entscheiden oder mitentscheiden dürfen, sind sie gar nicht so „lost“.

[Christian F. Schmidt]


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