Menu
Menü
X

Kirche als Arbeitgeber

Urteil über Religionszugehörigkeit von kirchlichen Beschäftigten

Die EKHN hat viele Mitarbeitende.

Die EKHN hat viele Mitarbeitende.

Für eine wissenschaftliche Referentenstelle hätte die Diakonie nicht die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche verlangt dürfen. Die Bewerberin bekam einen Teil der von ihr geforderten Entschädigung zugesprochen. Kirchliche Arbeitgeber müssen begründen, dass die Forderung nach einer bestimmten Religionszugehörigkeit für eine Stelle „wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt“ ist.

Foto: © Stephanie Hofschläger / pixelio.de (www.pixelio.de)

Bei Stellenausschreibungen dürfen kirchliche Arbeitgeber künftig nicht mehr pauschal auf einer bestimmten Religionszugehörigkeit von Bewerberinnen und Bewerbern bestehen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 25. Oktober 2018 in Erfurt entschieden. Die Diakonie Deutschland und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bedauern die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Danach durfte für die fragliche Stelle, eine wissenschaftliche Referententätigkeit, nicht die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche verlangt werden. Die Bewerberin bekam einen Teil der von ihr geforderten Entschädigung zugesprochen.
 
Das BAG stützt sich auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, nach der kirchliche Arbeitgeber begründen müssen, dass die Forderung nach einer bestimmten Religionszugehörigkeit für eine Stelle „wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt“ ist. Ob es eine notwendige Verbindung zwischen Religion und Beschäftigung gibt, soll von staatlichen Gerichten überprüft werden können.

Perspektive der Diakonie auf den Fall

„Die Anforderung der Kirchenmitgliedschaft wurde auch bisher bei der Personalauswahl nicht willkürlich gestellt. Bei der konkreten Stelle, auf die sich die Klägerin beworben hatte, war für uns wegen der Tätigkeit und Außenwirkung eine kirchliche Grundkompetenz unverzichtbar“, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie nach der Urteilsverkündigung in Erfurt. Für diese Stelle sei eine Person erforderlich gewesen, die sich stark mit den christlichen Werten identifiziert und zu ihnen durch die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche bekennt. Die Klägerin habe darüber hinaus aber nicht einmal die erste formale Einstellungsvoraussetzung erfüllt: Sie habe keinen Masterabschluss nach einem wissenschaftlichen Hochschulstudium – Jura oder ein vergleichbares Fach – nachweisen können. Deshalb sei sie nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden.

Arbeitsrecht wird im Hinblick auf multikulturelle Gesellschaft weiterentwickelt

Bereits unabhängig vom konkreten Fall haben die EKD und ihre Diakonie ihr Arbeitsrecht weiterentwickelt. „Wir verstehen unsere sich verändernde, zunehmend multikulturelle und multireligiöse Gesellschaft als eine positive Gestaltungsaufgabe, zu der Kirche und Diakonie einen konstruktiven Beitrag leisten wollen“, sagt Lilie. In der seit Januar 2017 geltenden Richtlinie können Nichtchristinnen und -christen an vielen Stellen in Kirche und Diakonie arbeiten. Ausnahmen gelten für Aufgaben in der Verkündigung, der Seelsorge und der evangelischen Bildung, bei denen die Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche vorausgesetzt wird. Leitungskräfte müssen einer christlichen Kirche angehören.

Konsequenzen werden geprüft 

Diakonie und EKD sehen im heutigen BAG-Urteil eine Abweichung zur langjährigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hat den Kirchen bisher in einem festgelegten Rahmen die Entscheidung überlassen, für welche Tätigkeiten die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche erforderlich ist. Gemeinsam mit der EKD wird die Diakonie Deutschland die Urteilsbegründung des BAG abwarten und prüfen, welche Konsequenzen ggf. daraus zu ziehen sind. Dazu gehört auch die Prüfung, ob gegen den Eingriff in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht das Bundesverfassungsgericht angerufen wird.
 
Grundsätzlich halten EKD und Diakonie am kirchlichen Arbeitsrecht und seiner Ausprägung einer christlichen Dienstgemeinschaft fest. Hans Ulrich Anke, der Präsident des EKD-Kirchenamts, betont: „Es muss der Kirche und Diakonie möglich bleiben, die kirchlichen Aufgaben aus einer christlichen Perspektive zu erfüllen. Das hängt ganz wesentlich auch davon ab, dass Kirche und Diakonie Mitarbeitende auswählen und einstellen können, die sich mit ihrer Mitgliedschaft zum Auftrag der Kirche bekennen. Das erwarten auch die Menschen, die die diakonischen Angebote nutzen.“ Für eine Beschäftigung von Menschen, die der evangelischen Kirche nicht zugehörten, enthalte das kirchliche Recht die gebotenen Möglichkeiten.“ 

Zum konkreten Fall:

Im Jahr 2013 war im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. eine Bewerberin für eine Referententätigkeit aufgrund mangelnder fachlicher Voraussetzungen nicht für ein Vorstellungsgespräch berücksichtigt worden. Ihre fehlende Kirchenzugehörigkeit war für diese Entscheidung von zweitrangiger Bedeutung. Für die Stelle wurde ein Bewerber ausgewählt, der die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllte. Zudem gehörte er einer christlichen Kirche an. Das Stellenprofil für eine befristete wissenschaftliche Referententätigkeit im Rahmen einer Kooperation mit diversen zivilgesellschaftlichen Gruppierungen zur Erstellung eines Berichts zur Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen setzte dies voraus. Eine christliche Perspektive zur Beurteilung der Konvention war für die Diakonie unabdingbar.

 

 


top