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Verschwörungstheorien

Verschwörungstheorien: Vom Hexenwahn zur „erfundenen“ Mondlandung

Verschwörungstheoretiker vermuten einen Zusammenhang zwischen Corona und 5G

Verschwörungstheoretiker vermuten einen Zusammenhang zwischen Corona und 5G

Verschwörungstheorien rund um den Ursprung vom Corona-Virus verbreiten sich in sozialen Netzwerken. Überrascht sind die Experten vom Aufkommen der Theorien nicht - Verschwörungstheorien seien in Krisen beliebt, schon zu Zeiten der Pest.

Verschwörungstheorien florieren Experten zufolge vor allem in Zeiten der Unsicherheit und Angst. Das Phänomen selbst ist sehr alt. In Zeiten der sozialen Netzwerke und Krisen wie der Corona-Pandemie kommt es allerdings zu einer besonderen Dynamik. „Verschwörungstheorien behaupten, dass eine im Geheimen operierende Gruppe, nämlich die Verschwörer, aus niederen Beweggründen versucht, eine Institution, ein Land oder gar die ganze Welt zu kontrollieren oder zu zerstören“, heißt es in dem Standardwerk „Nichts ist, wie es scheint“ des Tübinger Forschers Michael Butter. Argumentativ gegen Verschwörungstheorien anzukommen sei schwierig, räumen Experten ein. Daher sei dieses Phänomen auch eine ernsthafte Herausforderung für die Demokratie. 

Angeblich vorgetäuschte Mondlandung

Eines der bekanntesten Beispiele für eine Verschwörungstheorie sind die bis heute florierenden Gerüchte um die Mondlandung. Diese habe gar nicht stattgefunden, sondern sei auf der Erde gefilmt und vorgetäuscht worden, heißt es in entsprechenden Kreisen. Auch um den Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 mit fast 3.000 Toten ranken sich wilde Spekulationen: Danach sollen die wahren Drahtzieher Geheimdienste oder die US-Regierung gewesen sein. Auch um den Anschlag auf den US-Präsidenten John F. Kennedy im Jahr 1963 gibt es zahlreiche Mutmaßungen. Verschwörungstheoretiker vermuten hinter dem Mord ein großangelegtes Komplott unter Mitwirkung der Mafia, von Fidel Castro oder der CIA. 

Verschwörungstheorien sind nichts Neues

Verschwörungstheorien seien „kein Phänomen, das erst unsere Zeit hervorgebracht hätte – neu ist allenfalls die Verbreitungsgeschwindigkeit, die sich dank der neuen Medien, allen voran dem Internet, enorm erhöht hat“, so die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin. „Zu den verheerendsten Verschwörungstheorien, die sich geschichtlich fassen lassen, zählt etwa die Unterstellung, die Juden hätten die Brunnen vergiftet und seien deshalb für die Pest verantwortlich, die Europa im 14. Jahrhundert heimsuchte“, heißt es in einem Grundlagentext der EZW. Auch der Hexenwahn der frühen Neuzeit sei das Resultat von – wenn auch meistens lokal begrenzten – Verschwörungstheorien. Der Hexenwahn sei eine Reaktion auf die Klimaverschlechterung, die damals in Mitteleuropa zu drastischen Ernteausfällen führte. 

Verschwörungstheoretiker glauben, dass die Erde eine Scheibe sei

Auch die sogenannte „braune Esoterik“ biete eine eigenwillige Geschichtsdeutung unter Berufung auf ein angeblich unterdrücktes Geheimwissen, so das „Handbuch Weltanschauungen“ (Gütersloher Verlagshaus, 2015): „Damit gewinnt sie politische Brisanz.“ Die braune Esoterik biete ein geschlossenes Denk- und Deutesystem, die darin enthaltene Sündenbocktheorie sei ein Nährboden für rechtsextreme politische Überzeugungen. 

 „Es gibt keine Beweise, dass die Erde rund ist!“, betonen Anhänger der sogenannten „Flat Earth“-Verschwörungstheorie. Die Millionen von Fotos der Erde aus dem Weltraum von NASA, ESA und anderen Weltraumagenturen sind nach deren Ansicht gefälscht, heißt es auf dem Portal „mimikama - Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch“. Die österreichische Initiative kämpft gegen Falschmeldungen und Gerüchte im Internet.

Zusammenhang zwischen Corona und 5G-Strahlung vermutet

Zum Coronavirus wird laut mimikama unter anderem behauptet, es gebe einen Zusammenhang zwischen der „5G-Strahlung“ und dem Virus oder hinter der Pandemie stehe in Wirklichkeit eine Politikverschwörung, die alle Menschen kontrollieren will.

Trotz des heutigen rationalen Wissens sei kein Kraut gegen Verschwörungstheorien gewachsen, schreibt der Schweizer Historiker und Soziologe Christian Ruch. Der Preis für das Mehr an Wissen sei eine zunehmend komplexe Gesellschaft, deren Prozesse man immer weniger versteht. Ruch: „Eine gute, solide Bildung ist deshalb immer noch das beste Gegenmittel, um Verschwörungstheorien den Zahn der Brisanz und des Spektakulären zu ziehen.“

Literatur-Tipps zu Verschwörungstheorien:

Robert Anton Wilson: „Lexikon der Verschwörungstheorien: Verschwörungen, Intrigen, Geheimbünde“, Neuauflage 2016, Westend Verlag, broschiert, 300 Seiten

Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen: „Der Dan-Brown-Code - Von Illuminaten, Freimaurern und inszenierten Verschwörungen“, EZW-Texte 207, Matthias Pöhlmann, Heiko Ehrhardt, Christian Ruch, Berlin 2010, 66 Seiten (als PDF hier ansehen)

Michael Butter: „Nichts ist, wie es scheint - Über Verschwörungstheorien“, Suhrkamp Verlag 2018 , 271 Seiten 

Handbuch Weltanschauungen, Religiöse Gemeinschaften, Freikirchen“, Matthias Pöhlmann und Christine Jahn, im Auftrag der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Gütersloher Verlagshaus, 1079 Seiten, 2015

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