Pfarrerausbildung
Vom Informatiker zum Gemeindepfarrer
Till Schümmer
Schon lange ist in Till Schümmer der Traum gereift, Menschen dabei zu begleiten, ihr Leben vor dem Hintergrund des Evangeliums zu deuten. „Ich möchte Gemeinschaft mit aufbauen, also Gemeinde bauen, mit Gespür und Achtsamkeit.“ Und als dann alle von der großen Pfarrernot gesprochen hätten, da habe er sich gefragt, ob er sich das mit damals 38 noch zutraue. „Lerne ich da noch so leicht wie früher?“ Das sei schon alles gut überlegt. „Schließlich lasse ich alles zurück, was ich mir beruflich aufgebaut habe.“
Till Schümmer weiß, was er tut. Schließlich kennt er seine Kirche besser als manch ein anderer. Der ausgebildete Prädikant hält in regelmäßigen Abständen Gottesdienste. Zwölf Jahre war er Mitglied in der Kirchensynode. Im Evangelischen Bund Hessen arbeitet Schümmer im Vorstand mit. Und Projekte seiner Tätigkeit an der FernUni Hagen haben haben ihn immer mal wieder in die EKHN geführt, wie die Entwicklung der Nachbarschafts-App MeinDorf55+, die Senioren zwischen Rhein und Lahn vernetzt, sein letztes Uni-Projekt zusammen mit dem Diakonie-Projekt Drin.
Studierende mit viel Lebenserfahrung
„Sehr genossen habe ich die intensive Gemeinschaft im Studium“, erzählt der frisch gebackene Master of Theology. Die meiste Studienzeit habe er zwar an den Abenden und an Wochenenden allein mit seinen Büchern verbracht, aber zwischendurch kämen Studierende und Dozenten - insgesamt für vier Wochen - im Predigerseminar in Hofheismar zusammen. „Am Abend geht dann die Theologie bei Wein und Wasser weiter, auf ganz anderer Ebene.“ Alle brächten viel Lebenserfahrung und einen eigenen Hintergrund mit. Schümmer spricht von einem „Dialog auf Augenhöhe“, wenn beispielsweise der promovierte Physiker mit den Dozenten über die Relativitätstheorie spreche. „So entstehen interdisziplinäre Diskussionen.“
"Wichtig sei, dass die Familie das Studium mitträgt, wenn man diese gemeinsame Vision teilt“. Vier intensive Wochen des Jahresurlaubs und zahlreiche Wochenenden habe er jedes Jahr nicht mit seiner Familie, sondern in Hofgeismar verbracht. „An vielen Abenden und Wochenenden hat das Studium Vorrang gehabt, pro Woche 20 Stunden“. Selbstverständlich könne ein solches verkürztes Studium nicht so in die Tiefe gehen, wie ein gründliches Philosophiestudium oder Studium der biblischen Sprachen Hebräisch und Griechisch. „Aber ich fühle mich gut gerüstet für die Arbeit in der Gemeinde.“
Die EKHN hat seit 2013 insgesamt elf Absolventinnnen und Absolventen des berufsbegleitendenden Studiengangs Master of Theology der Philipps-Universität Marburg in den Praktischen Vorbereitungsdienst (Vikariat) übernommen.
Dr. Holger Ludwig, Oberkirchenrat und Pfarrer, Leiter des Referat Personalförderung und Hochschulwesen der EKHN: „Wir haben hierbei gute Erfahrungen gemacht. Besonders die fächerübergreifende theologische Arbeit während der Blockseminare bewährt sich gut für Menschen, die mit ihrer Berufserfahrung das Theologiestudium aufnehmen.“
Es gibt zurzeit zwischen 80 und 100 Bewerbungen für den Masterstudiengang, aber nur 25 Studienplätze in Marburg. Zudem beginnt der Studiengang in Marburg nur alle drei Jahre berufsbegleitend.
In Heidelberg gibt es ebenfalls einen Master-Studiengang, allerdings nicht berufsbegleitend, deshalb gibt es dort erheblich weniger Studierende.
Da die EKHN ein großes Interesse an Masterstudierenden hat, gibt es Gespräche mit den Fakultäten in Mainz und Frankfurt, um dort jeweils ebenfalls einen Masterstudiengang anzubieten.
Die Masterabsolventen können sich dann für das reguläre Vikariat in der EKHN bewerben, es gibt keine besondere Form für Masterabsolventen. Bisher wurden vier Masterabsolventen nach dem Vikariat und dem Zweiten Theologischen Examen in den Pfarrdienst auf Probe der EKHN übernommen. Sieben weitere befinden sich noch im Vikariat.
Die Quereinsteiger in den Pfarrberuf sind zwischen 38 und 51 Jahre alt und kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, z.B. IT, Journalismus, Ingenieurwesen, Finanzwesen und Gemeindepädagogik.
